Was bedeutet Rekristallisation?
Trennen des Produkts von Verunreinigungen
Die Rekristallisation ist eine Reinigungstechnik zur Trennung eines hochwertigen kristallinen Produkts von unerwünschten Verunreinigungen, die in der Mutterlauge gelöst sind. Genau genommen wird bei der Rekristallisation ein zunächst verfestigtes kristallines Material wieder aufgelöst und dann erneut kristallisiert, um Kristalle des Endprodukts in der gewünschten Grösse, Form, Reinheit und Ausbeute zu erhalten. Die zugrundeliegenden Mechanismen Auflösung und Rekristallisation können auch die innere Energie des Kristalls minimieren, um ein globaleres Energiegleichgewicht zu erreichen, wodurch ein stabiles Polymorph entsteht. Während die Rekristallisation in der Regel gezielt eingesetzt wird, um Kristalle und Prozesse zu optimieren, kann eine unkontrollierte Rekristallisation zu einer unerwünschten Bildung von Hydraten und Solvaten oder einer polymorphen Transformation führen.

Die 7 Schritte der Rekristallisation
Dieser Rekristallisationsleitfaden mit sieben Schritten bietet wichtige Informationen, um effiziente Rekristallisationsprozesse mit optimaler Produkt- und Prozessleistung zu entwerfen.
Schritt 1: Auswahl des Lösungsmittels
Der erste Schritt der Rekristallisation besteht in der Auswahl des Lösungsmittels auf Grundlage folgender Eigenschaften:
- Gefahrenpotential
- Auswirkungen auf die Umwelt
- Einkaufs- und Entsorgungskosten
Je nach molekularer Struktur kann ein gelöster Stoff in den jeweiligen Lösungsmitteln oder der Lösungsmittelmischung als löslich, teilweise löslich oder unlöslich eingestuft werden. Um dieses thermodynamische Verhältnis zu verstehen, muss das temperaturabhängige Löslichkeitsverhalten des gelösten Stoffs in vielen verschiedenen Lösungsmitteln untersucht werden. Die Löslichkeit kann bei Raumtemperatur hoch oder niedrig sein, in Abhängigkeit von der Temperatur stark zunehmen oder fast unabhängig von der Temperatur sein. Durch Screeningverfahren mit hohem Durchsatz können rasch Löslichkeitsdaten für eine grosse Anzahl von Systemen aus gelösten Stoffen und Lösungsmitteln bestimmt werden.
Schritt 2: Auswahl der Kristallisationsmethode
A. Kühlungsrekristallisation
Ein System aus gelöstem Stoff und Lösungsmittel mit geringer Löslichkeit bei niedriger Temperatur, aber mit einer in Abhängigkeit von der Temperatur stark zunehmenden Löslichkeit ist für die Kühlungskristallisation geeignet. Eine grosse Menge des gelösten Stoffs kann bei hoher Temperatur aufgelöst werden. Aufgrund der geringeren Löslichkeit bei niedriger Temperatur kann durch die geregelte Kühlung eine Rekristallisation ausgelöst werden. Temperaturempfindliche gelöste Stoffe, die sich bei erhöhten Temperaturen zersetzen, eignen sich nicht für die Kühlungsrekristallisation.
B. Anti-Lösungsmittel-Rekristallisation
Systeme aus gelöstem Stoff und Lösungsmittel mit einer hohen Löslichkeit bei niedriger Temperatur und der Verfügbarkeit eines mischbaren Anti-Lösungsmittels erfüllen die Anforderungen für eine Anti-Lösungsmittel-Rekristallisation. Die geregelte Zugabe von Anti-Lösungsmittel reduziert die Löslichkeit in der Mischung und löst eine Rekristallisation aus. Es gibt zwei häufige Arbeitsweisen: entweder die Zugabe von Anti-Lösungsmittel zur Produktlösung oder die Zugabe der Produktlösung zum Anti-Lösungsmittel (umgekehrte Zugabe). Die Nachteile einer Anti-Lösungsmittel-Rekristallisation sind das Hinzufügen eines zusätzlichen Lösungsmittels, die lokal hohe Übersättigung zum Zeitpunkt der Zugabe, die reduzierte volumetrische Produktivität und die erforderliche nachgeschaltete Lösemittel-Trennung.
C. Rekristallisation durch Verdunstung
Bei einer hohen Löslichkeit bei niedriger Temperatur und der fehlenden Verfügbarkeit eines Anti-Lösungsmittels ist häufig eine Rekristallisation durch Verdunstung notwendig. Durch das Entfernen von Lösungsmittel wird die Löslichkeit in der verbleibenden Mischung reduziert. Sobald eine ausreichende Übersättigung vorliegt, kommt es zur Rekristallisation. Die Schwierigkeiten bei der Rekristallisation durch Verdunstung liegen im Hinzufügen von Gasblasen, die eine Keimbildung hervorrufen können, in schwer vorhersehbaren Impfpunkten und im unvorhersehbaren Scale-Up.
D. Reaktive Rekristallisation (Fällung)
Wenn der gewünschte gelöste Stoff durch eine chemische Reaktion zwischen zwei komplexen Verbindungen oder durch eine Säure-Basen-Neutralisation entsteht, bezeichnet man die Methode als reaktive Rekristallisation. Die fortschreitende chemische Reaktion erhöht die Übersättigung des gelösten Stoffs, der schliesslich rekristallisiert. Zu einer Übersättigung kann es extrem schnell kommen. Die Folge ist eine lokal hohe Übersättigung zum Zeitpunkt des Mischens, eine umfangreiche Keimbildung, eine schlechte Prozesskontrolle und eine schwierige nachgelagerte Behandlung.

Schritt 3: Thermodynamik und Kinetik
Das Verständnis des Löslichkeitsverhaltens eines Stoffs ist eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Entwicklung eines Rekristallisationsprozesses. Zur Untersuchung der Rekristallisationseffizienz ist es wichtig zu wissen, wie viel von einem gelösten Stoff in einem Lösungsmittel gelöst werden kann und wie viel von einem gelösten Stoff am Ende in der Mutterlauge verbleibt. Bei der Lösungskristallisation ist die Löslichkeit die maximale Menge des gelösten Stoffs, der bei einer spezifischen Temperatur in einer gegebenen Menge Lösungsmittel aufgelöst werden kann.
Ein System ist übersättigt, wenn die Konzentration des gelösten Stoffs die Löslichkeitsgrenze bei einer gegebenen Temperatur überschreitet. Je nach Kinetik kann die Lösung über einen Temperatur- und Zeitbereich übersättigt bleiben, bevor sie erneut kristallisiert. Die verstrichene Zeit zwischen dem Entstehen einer Übersättigung und der Bildung der ersten Kristalle wird als Induktionszeit bezeichnet. Durch die zunehmende Übersättigung nimmt die Induktionszeit bis zu einem Punkt ab, an dem Kristalle spontan gebildet werden, sobald die Übersättigung weiter voranschreitet. Dieser Punkt ist als metastabile Grenze definiert. Die Differenz zwischen der Löslichkeitskurve und der metastabilen Kurve stellt die metastabile Bandbreite dar.
Schritt 4: Bestimmen einer Impfstrategie
Bei der Rekristallisation ist eine strenge Kontrolle der Übersättigung, Keimbildung und des Wachstums erforderlich, damit das Endprodukt die gewünschten physikalischen Eigenschaften aufweist. Häufig ist die Hilfe von Impfkristallen notwendig, um Rekristallisationsprozesse robust und wiederholbar zu starten. Bei nicht-geimpften Prozessen zeigt sich oft eine unkontrollierte spontane Keimbildung, die zu einer extremen Prozessvariation führen kann, insbesondere beim Scale-Up und in der Massenproduktion. In der Regel werden folgende Impfstrategien angewandt:
- Winzig (0,1–1 %): Ausölen, unkontrollierte Keimbildung oder Zerfall werden wahrscheinlich vermieden. Dies kann im Labor ausreichen, ist jedoch im grossen Massstab selten effektiv oder robust.
- Klein (1–5 %): Kontrollierte Keimbildung, die nicht ausreicht, um ausschliesslich Kristallwachstum zu erreichen. Eine zweite Keimbildung im Prozess und bimodale Verteilungen sind wahrscheinlich.
- Gross (5–10 %): Höhere Wahrscheinlichkeit von Kristallwachstum mit der Möglichkeit, eine zweite Keimbildung zu unterdrücken, um bimodale Verteilungen zu verhindern.
Eine effektive Impfung ist abhängig von der Methode und dem Zeitpunkt der Impfzugabe, der Qualität des Impfmaterials und der Geschwindigkeit, mit der die Übersättigung erzeugt wird. Eine Impfung ist am effektivsten, wenn Kristalle als Impfschlamm zur Hälfte in die metastabile Bandbreite hinzugefügt werden. Die Impfkristalle sollten eine einheitliche Grösse und glatte Oberflächen aufweisen, um die Rekristallisation zu aktivieren. Zahlreiche Rekristallisationsprozesse profitieren vor dem Fortfahren von der Alterung der Impfung, bei der die Temperatur nach dem Impfen konstant gehalten wird, bis keine Übersättigung mehr vorliegt.
Schritt 5: Übersättigung herbeiführen
Die Minimierung der Prozessdauer, des Energieverbrauchs und des Abfalls sowie eine optimale Ressourcenzuweisung und eine hohe Prozessausbeute sind wichtige Parameter, um verkäufliche Kristallprodukte bei möglichst geringen Kosten zu erzeugen. Auf Grundlage der Löslichkeitsdaten werden eine oder mehrere Rekristallisationsmethoden (z. B. Kühlung, Anti-Lösungsmittel, Verdunstung, reaktiv) angewandt, um einen Endpunkt von hoher Ausbeute im Phasendiagramm zu erreichen.
Eine sorgfältige Kontrolle des Grads der Übersättigung und die Kenntnis darüber, welche Partikelmechanismen Kristalle durchlaufen, ist wichtig, um effiziente Rekristallisationsprozesse mit optimaler nachgelagerter Leistung zu entwerfen.

Schritt 6: Fest-Flüssig-Trennung
Bei den meisten Rekristallisationsprozessen sind die festen Partikel das gewünschte Produkt, das durch Filtration von der Mutterlauge getrennt werden muss. Die Grundvoraussetzungen für einen effizienten Filtrationsprozess sind:
- Eine Kristallsuspension mit einer geringen Anzahl kleiner Partikel
- Ein geeignetes Filtermedium
- Eine Antriebskraft (Druck oder Vakuum)
- Vorhandene Filtrationsausrüstung (zum Auffangen der Flüssigkeit und Zurückhalten des Filterkuchens)
Nach der Filtration wird der Kuchen in der Regel mit einem einfach zu verdunstenden Anti-Lösungsmittel gewaschen, um die verbleibende Mutterlauge zu entfernen und den Trocknungsprozess zu unterstützen.

Schritt 7: Trocknung
Das Entfernen der Feuchte aus dem nassen Filterkuchen durch Verdunstung ist häufig der letzte Produktionsschritt, bevor ein verwendbares Kristallprodukt vorliegt. Je nach thermischer und mechanischer Stabilität des Arzneimittelwirkstoffmoleküls und Kristalls, Lösungsmitteltyp und Risiko einer polymorphen Umwandlung wird eine geeignete Trocknungsmethode (Luft oder Vakuum) angewandt.
Gefährden unerkannte Reaktionsmechanismen Ihre Rekristallisationsergebnisse?
Oberflächlich betrachtet mögen Ihre Kristallisationsprozesse unproblematisch wirken. Doch oft können im Verborgenen ablaufende Mechanismen das Ergebnis erheblich beeinträchtigen:
- Bei der Agglomeration können Verunreinigungen eingeschlossen werden.
- Ausölen erschwert die Prozesskontrolle.
- Sekundärkeimbildung bremst die Filtration.
Dieser praktische Leitfaden erläutert sieben versteckte Mechanismen, die Ihre Kristallisationsprozesse beeinflussen können, und zeigt Massnahmen zu deren Steuerung auf.
Rekristallisation in Fachzeitschriften
- Palbociclib Commercial Manufacturing Process Development. Part II: Regioselective Heck Coupling with Polymorph Control for Processability, Mark T. Maloney, Brian P. Jones, Mark A. Olivier, Javier Magano, Ke Wang, Nathan D. Ide, Andrew S. Palm, David R. Bill, Kyle R. Leeman, Karen Sutherland, John Draper, Adrian M. Daly, Joseph Keane, Denis Lynch, Marie O’Brien, and Joanne Tuohy, Organic Process Research & Development 2016 20 (7), 1203-1216, DOI: 10.1021/acs.oprd.6b00069
- Operating Strategy to Produce Consistent CSD in Combined Antisolvent-Cooling Crystallization Using FBRM, Martin Wijaya Hermanto, Pui Shan Chow, and Reginald B. H. Tan, Industrial & Engineering Chemistry Research 2012 51 (42), 13773-13783, DOI: 10.1021/ie301626c
Die unerlässliche In-situ-Partikelüberwachung
mit der Rekristallisationsarbeitsstation
Die Rekristallisation ist ein Mehrschrittverfahren, bei dem es auf eine effektive Prozesskontrolle ankommt, um Endprodukte mit den gewünschten Eigenschaften zu erhalten. Eine Rekristallisationsarbeitsstation mit In-situ-Prozessanalysetechnologie (PAT) bietet die nötige Kontrolle aller wichtigen Parameter:
- Temperatur, Rühren, pH und Dosieren mit einem chemischen Synthesereaktor
- Partikelgrösse und -anzahl mit ParticleTrack
- Partikelmorphologie und komplexe Mechanismen mit Echtzeitmikroskopie
- Verfügbare Übersättigung mit FTIR-Spektroskopie
- Erhalten Sie ein Polymorph mit dem ReactRaman Raman-Spektrometer
Eine Rekristallisationsarbeitsstation mit In-situ-PAT minimiert die Notwendigkeit der Probennahme und bietet Echtzeit-Prozessdaten zur sofortigen Auswertung, wodurch die Entwicklungszeit und die Kosten für Offline-Analysetätigkeiten deutlich gesenkt werden. Durch die kontinuierliche Datenerfassung ergibt sich ein repräsentativeres Bild des Prozesses, sodass der Prozess vollständig verstanden werden kann. Integrierte Softwarelösungen ermöglichen eine vollständige Automatisierung der Rekristallisation (Feedback-Regelkreis) und einen sicheren Betrieb über Nacht.